Exklusiv: Das von der Börse Stuttgart gestartete Projekt Bison zählt mittlerweile zu den größten deutschen Krypto-Apps. Doch der schwierige Markt machte dem Unternehmen zu schaffen, wie kürzlich veröffentlichte Geschäftszahlen zeigen. Wie steht Bison da?
In einem Kryptowinter begann die Börse Stuttgart mit Bison. 2018 dümpelte der Kurs der wichtigsten Währung Bitcoin zeitweise bei rund 3.000 Dollar. Doch die Börse brachte ihre entwickelte Krypto-App im Jahr 2019 trotzdem heraus – und erlebte danach einen Höhenflug. Innerhalb von rund einem Jahr brachte es das Unternehmen auf 100.000 Nutzerinnen und Nutzer. Und der Aufstieg ging weiter: 2020 kam das Projekt auf einen Umsatz von zehn Millionen Euro, 2021 stieg der Wert auf rund 42 Millionen Euro, den die etablierte Börse mit der Endkunden-App umsetzte. Die Nutzerzahl kletterte auf eine halbe Million.
Interne Verrechnung hat sich verändert
Der Hauptgrund für die eklatanten Umsatzeinbußen ist das gesunkene Handelsvolumen. Im Vergleich zum Vorjahr schrumpfte dieses nämlich um 68 Prozent, auf nur noch 1,8 Milliarden Euro (Vorjahr 5,6 Milliarden Euro). Im Geschäftsbericht der Sowa Labs wird dies vor allem durch die schwierige Marktlage – etwa hohe Wertverluste großer Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum oder die Pleite der Krypto-Plattform FTX – erklärt.
Die Euwax AG als Handelspartner verdient an einem Spread, der zu der Zeit bei rund 0,75 Prozent lag. Bei einem Volumen von 1,8 Milliarden Euro ergeben sich so die 13 Millionen Euro Umsatz. Intern teilt die Börse Stuttgart die Erträge zwischen Euwax und der Bison-Entwicklungsfirma Sowa Labs auf. Diese Verrechnung muss sich geändert haben. Das führte zu dem unterschiedlichen starken Umsatzabfall. Eine Sprecherin kommentiert diese Verrechnung nicht im Detail.
Zum Vergleich: Bei den gesamten Umsätzen von 13 Millionen Euro fielen die Werte nicht viel stärker ab, als es im Branchenschnitt der Fall ist. Bei Coinbase schrumpfte der Umsatz von dem Hypejahr 2021 bis 2022 beispielsweise um rund 60 Prozent.
Sparprogramm eingeleitet
Aufgrund der Entwicklung wurde bei Sowa Labs auch ein striktes Sparprogramm eingeleitet: „Zur Kompensation der ausbleibenden Umsätze wurden Kostensparprogramme ins Leben gerufen und die Gesamtaufwendungen konnten im Vergleich zur Planung nahezu halbiert werden“, heißt es im Geschäftsbericht. Die Maßnahme war besonders von reduzierten Werbekosten getrieben. Große Entlassungswellen, wie es sie zuvor bereits bei Konkurrenten wie Bitpanda oder Coinbase gegeben hatte, blieben nach eigener Aussage aus – der Personalaufwand ist auch nicht gesunken.
Das Unternehmen hat unterdessen anders gegengesteuert – und die Preise erhöht. Statt 0,75 Prozent zahlen Kundinnen und Kunden seit Februar nun 1,25 Prozent Spread auf ihre Kryptotrades. Auf Anfrage schreibt das Unternehmen: „Um weiterhin die höchsten Standards in unserem Risikomanagement sowie unserem Sicherheitskonzept einhalten zu können, haben wir aufgrund der aktuellen Marktentwicklungen höhere Aufwände, die auch mit gestiegenen Kosten verbunden sind.“ Auch die Aktientrades in Kooperation mit Justtrade sollen zusätzliche Einnahmen bringen. Pro Trades kostet das 1,99 Euro, bei dem Anbieter direkt sind es dagegen nur ein Euro. So sucht sich Bison neue Ertragsquellen.
Kundenbasis steigt weiter
Immerhin wuchs die Kundenbasis von Bison 2022 um rund ein Viertel. Aktuell zählt das Unternehmen laut eigenen Angaben über 700.000 Kundinnen und Kunden. Es ist allerdings fraglich, inwiefern sich diese in diesem Jahr wieder zu mehr Kryptotrades motivieren lassen. Zusätzlich nimmt der Wettbewerb nicht unbedingt ab, Player wie Bitvavo wollen ebenfalls stärker in Deutschland expandieren, wie Finance Forward berichtete. Bitvavo will mit niedrigen Gebühren von 0,25 Prozent auf Kundenfang gehen.
Dabei kann die Börse Stuttgart zumindest mit ihrem zweiten Angebot dagegenhalten: Die Börse BSDEX richtet sich an professionelle Trader. Dort liegen die Kosten bei bis zu 0,35 Prozent. Und die BSDEX konnte aufholen: Obwohl die Börse nur halb so vielen Trades wie Bison abwickelt, lag das Handelsvolumen bei 1,5 Milliarden Euro – und damit auf einem ähnlichen Niveau wie Bison. Für beide Firmen dürfte auch 2023 derweil kein leichtes Jahr sein.
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ist Redakteurin bei Finance Forward. Zuvor arbeitete sie in verschiedenen Positionen in der Berliner Fintech-Szene.
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ist Redakteur bei Finance Forward und dem Wirtschaftsmagazin Capital. Er schreibt seit mehreren Jahren über Fintechs und Startups – zuletzt bei Gründerszene. Er ist Absolvent der Kölner Journalistenschule für Politik und Wirtschaft.
Author: Seth Ford
Last Updated: 1700142242
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